Eyjafjallajökull – der isländische Vulkan mit den vielen Buchstaben legt derzeit den europäischen Luftverkehr lahm. Doch wenn der Luftraum wieder frei gegeben wird, sorgen die Produkte einer Firma aus der Region Stuttgart dafür, dass die Flugzeuge an den Flughäfen Europas schnellstmöglich wieder dahin kommen, wo sie hingehören: Auf die Startbahn und in die Luft. Da Flugzeuge keinen Rückwärtsgang haben, müssen PS-starke Maschinen ran, um die Flieger aus dem Gate zu manövrieren. Weltweiter Marktführer ist die Firma Schopf aus Ostfildern in der Region Stuttgart. Ihre Schlepper sind überall im Einsatz – gleichgültig, ob in heißem Klima, großer Höhe oder arktischer Kälte.
Die niedrig gebauten und äußerlich unscheinbaren Push-Backs sind wahre Kraftpakete, die bis zu 448 PS Leistung und 460 Kilonewton Schubkraft bringen. Sie sind für eine Zuglast bis 600 Tonnen ausgelegt und mit Allradantrieb und Allradlenkung ausgestattet, um die enormen Kräfte sicher zu handhaben. Damit ist es möglich, sogar das größte und schwerste Flugzeug der Welt vom Fleck zu bewegen – die russische Antonov 225, ein sechsstrahliges Frachtflugzeug, das bei großen Charteraufträgen im Frachtbereich eingesetzt wird.
Schopf führt mit dem leistungsstarken Modell 396 P sowohl die hauseigene Verkaufsliste als auch weltweit den Markt an. Schließlich eignet sich der Kraftprotz aus der Region Stuttgart hervorragend für alle derzeit eingesetzten Großraumflugzeuge, vom neuen A 380, der bis zu 560 Tonnen auf die Waage bringt, bis zur klassischen Boeing 747, die vollbeladen immerhin stolze 400 Tonnen wiegt. Ein vollautomatisches Getriebe stellt sicher, dass beim Schieben nichts ruckelt oder sich die Maschine nicht aufschaukelt. Die Schleppfahrzeuge von Schopf finden sich auf nahezu jedem großen Flughafen der Welt. Das Unternehmen beliefert Fluggesellschaften, Bodenabfertiger und NATO-Partner rund um den Globus. Es setzt rund 40 Millionen Euro im Jahr um und liefert in mehr als 160 Länder. Die Exportquote liegt bei 90 Prozent.
Neues Konzept mit PowerPush
Einzigartig in der gesamten Produktpalette ist das ferngesteuerte PowerPush-Schleppsystem. Damit hat der Maschinenbauer aus Ostfildern das Positionieren der Flugzeuge auf dem Rollfeld revolutioniert. An die Reifen des Hauptlandefahrwerks werden die Rollen des PowerPush angedockt und in Rotationsbewegung gebracht. So ist nur eine geringe Antriebsleistung erforderlich. „Das ist eine ebenso einfache wie geniale technische Lösung“, freut sich Brüggemann. Ist der Vorgang abgeschlossen, wird der PowerPush per Fernbedienung vom Flugzeug fortbewegt und kehrt zum Fahrer zurück, während die Maschine sich auf den Weg zur Startbahn macht.
„PowerPush ist schneller, sicherer und günstiger als alle anderen Pushback-Systeme und ist weltweit gefragt, weil es einfach zu bedienen und besonders kostengünstig im Betrieb ist“, erklärt der Geschäftsführer von Schopf.
Ein weiteres Erfolgsmodell ist der Loadstar – ein Fracht- und Palettenverladefahrzeug. Rasch wachsendes Frachtaufkommen, Just-in-Time-Lieferungen und empfindliche Waren erfordern unkomplizierte Verlademaschinen für einen schnellen Warenumschlag. Selbstfahrende Fluggasttreppen runden das breite Produktspektrum für den Passagierbereich auf den Flughäfen ab.
Auch am Stuttgarter Flughafen ist Schopf selbstverständlich im Einsatz. Der Echterdinger Airport hat vor drei Jahren seine neue Flugzeugschlepper-Flotte bei Schopf bestellt. Die schweren Fahrzeuge in den Gewichtsklassen von 12 bis 55 Tonnen eignen sich für alle Flugzeuge, die auf dem Filderairport abgefertigt werden
Kraftpakte auch für den Bergbau
Der Global Player mit traditionsreichen Wurzeln in der Region produziert nicht allein Spezialfahrzeuge für die Luftfahrtindustrie. Auch beim Untertagebergbau gilt der Maschinenbauer als erste Adresse – und das seit über 60 Jahren. Als Jörg Schopf das Maschinenbauunternehmen 1948 gründete, spezialisierte er sich zunächst auf Fahrzeuge für Bau und Kiesgruben. Diese Sparte bildete früh das zweite Standbein, mit dem Schopf heute im Bergbau erfolgreich ist. In nahezu allen Bereichen, bei der Förderung von Salz, Kohle, Eisenerz, Kupfer, Gold oder Platin bringen die Lader von Schopf ihre Leistung. Auch Schaufellader für den Untertage- und Tunnelbau, die bis zu 18 Tonnen Schaufelinhalt laden, hat die Firma im Portfolio.
Erst Ende der 1960er Jahre, mit dem Wachstum der zivilen Luftfahrt, lieferte Schopf den ersten Flugzeugschlepper aus. Nach dem Ausscheiden des Firmengründers im Jahr 1983 übernahm vorübergehend ein britischer Konzern das Unternehmen. Seit 2003 ist Schopf wieder inhabergeführt. Hermann Brüggemann, geschäftsführender Gesellschafter, und Prokurist Claus Haubeil erwarben die Schopf Maschinenbau GmbH über ein Management Buy-Out und führten sie mit großem Erfolg wieder in die Selbstständigkeit.
Qualitätsbewusstsein und Mitarbeiterbindung
„Wir verfolgen ein Total-Quality-Konzept“, sagt Brüggemann „und arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung unserer Produkte: 80 Prozent der Aufträge sind Wiederholungsaufträge von zufriedenen Kunden.“ Damit hat sich Schopf international einen hervorragenden Ruf erworben. Ein weltweit kurzfristig verfügbarer kompetenter Kundendienst und die schnelle Lieferung von Ersatzteilen sind Teil des Qualitätspaketes. Die perfekte Lage der Firma in unmittelbarer Nähe des Stuttgarter Flughafens ermöglicht einen besonders raschen und unkomplizierten Versand von Ersatzteilen. In den vergangenen Jahren haben sich die Flugzeugschlepper aus der Region Stuttgart zur richtungweisenden Baureihe der Branche weiter entwickelt. „Unsere Kunden schätzen lange Lebensdauer und höchste Zuverlässigkeit unserer Produkte sowie die geringen Betriebskosten“, sagt Brüggemann, „das macht uns erfolgreich.“
Planung, Entwicklung, Herstellung und Vertrieb sind am Standort Ostfildern gebündelt. Dort, in Sichtweite des Flughafens, arbeitet ein Team aus 140 Fachleuten an der Umsetzung der Schopf-Philosophie. Kontinuität und ein enger Mitarbeiterbezug gehören zu den Grundmaximen des Unternehmens. Auch auf den Nachwuchs legt man bei Schopf großen Wert. Studierende können Praxissemester absolvieren oder ihre Diplomarbeit schreiben. Zusammen mit der Hochschule Esslingen führt das Unternehmen ergänzende Studienarbeiten durch. Schulabgänger haben die Möglichkeit, die ersten Berufserfahrungen in einem Orientierungspraktikum zu machen.
„Durch die langjährige Betriebszugehörigkeit unserer Mitarbeiter verfügen wir über ein großes Know-how“, verdeutlicht Brüggemann. „Unser Ziel ist die Null-Fehler-Quote in den ersten 100 Tagen des Fahrzeugbetriebes.“ Um dies zu erreichen, wird die Montage genauestens durch selbstständige Eigenprüfung gesteuert. Für die einzelnen Arbeitsvorgänge müssen die Mitarbeiter per Checkliste ihre Verantwortung übernehmen. Jedes Fahrzeug wird bereits im Werk Ostfildern erstmals für die Praxis getestet.
Elektroschlepper sind der neue Markt
Schopf setzt auch auf den Zukunftsmarkt Elektromobilität. Auf der weltweit größten Branchenmesse Interairport Europe stellte die Schopf Maschinenbau im vergangenen Jahr ihren neuen F110 „electric“ der Öffentlichkeit vor. Als Dieselausführung ist das Modell der meistverkaufte Flugzeugschlepper in seiner Klasse auf dem Markt. Die E-Version stößt auf einen rasch wachsenden Markt. Diverse europäische Flughäfen mit zunehmenden Auflagen für Umweltschutz haben bereits sehr großes Interesse gezeigt. Der Prototyp des weltweit größten Elektro-Flugzeugschleppers wurde bereits am Flughafen Stuttgart ausführlich getestet und die Ergebnisse sind äußerst positiv: „Es gab keinerlei Probleme. Alle planmäßigen Pushbacks wurden mit dem E-Schlepper abgefertigt“, so der zuständige Betriebsleiter Henrik Sickinger. Für die Elektrofahrzeuge müssen neue Ladestationen auf dem Flughafen installiert werden. Die beim Prototyp installierte Batteriekapazität reichte am Flughafen Stuttgart bereits für einen Zweischichtbetrieb aus. Der von Schopf vorgestellte Elektroschlepper wird in den nächsten Monaten in Serie gehen und somit einen aktiven Beitrag zum emissionsreduzierten Abfertigungsbetrieb auf den Flughäfen leisten.
Trotz der weltweit schwierigen wirtschaftlichen Lage drängt die Schopf Maschinenbau GmbH weiterhin nach vorn. „Natürlich haben auch wir unter der weltweiten Krise zu leiden und Umsatzrückgänge zu verkraften“, sagt Geschäftsführer Brüggemann. „Im Herbst 2009 hat sich die Auftragslage und in Folge der Umsatz aber stabilisiert, so dass wir auskömmlich wirtschaften können. Kurzarbeit war in Ostfildern bisher nicht erforderlich und kann auch in den nächsten Monaten vermieden werden. Aktuell ist die Stammbelegschaft voll ausgelastet. Das Bergbaugeschäft war bisher nicht von Rückgängen betroffen und läuft stabil.“