Bei einem Bauprojekt des Stuttgarter Bau- und Wohnungsvereins wird derzeit erstmals in Baden-Württemberg Recycling-Beton bei einem Hochbau eingesetzt. Es handelt sich um das zweite Projekt überhaupt in Deutschland. In Stuttgart-Ostheim werden in den nächsten vier Jahren 134 neue Wohnungen entstehen. "Der Bau- und Wohnungsverein Bau erstellt 108 Wohnungen, bei denen Recycling-Beton verwendet wird", sagt Vorstand Thomas Wolf.
Das Bauvorhaben wird vom Umweltministerium des Landes unterstützt, die wissenschaftliche Begleitung liegt in den Händen des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg sowie der Fakultät für Bauingenieurwesen der Stuttgarter Hochschule für Technik. "Wir haben uns dafür entschieden, um ökologisch mit gutem Beispiel voranzugehen", erklärt Bauvereins-Vorstand Thomas Wolf. "Dafür haben wir kompetente Partner im Boot."
In vielen Bereichen am Bau sind Verfahren zur Verarbeitung von bereits verwendeten Materialien üblich. Baustahl wird wieder eingeschmolzen und Fenster aus Kunststoff werden neu verwertet. Bei Bauschutt aber fiel die Bilanz bislang mager aus. Einfach recycelter Beton wird zwar seit längerem verwendet. Allerdings lässt sich dieser grob gebrochene Bauschutt nur im Straßenbau oder bei der unterirdischen Einbettung von Leitungen einsetzen.
Bei Gebäuden sind die Anforderungen an das aufbereitete Material und die Gesteinskörnung deutlich höher. Bundesweit fallen pro Jahr über 80 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle an. Um Ressourcen zu schonen, gibt es mittlerweile viele Bestrebungen, anfallenden Bauschutt, der beim Umbau oder Abbruch von Gebäuden entsteht, möglichst hochwertig wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück zu führen.
Der Recycling-Beton für das Projekt des Stuttgarter Bau- und Wohnungsvereins wird in der Region Stuttgart hergestellt. Die Firma Feess aus Kirchheim unter Teck liefert den Betonzuschlag. Die TBW-Transportbeton aus Waiblingen hat die entsprechende Betonrezeptur entwickelt und stellt mit den recycelten Grundstoffen neuen Qualitätsbeton her, der alle strengen DIN-Normen erfüllt, die im Hochbau notwendig sind. Die Qualität der in Stuttgart verwendeten Gesteinsmischung wurde zuvor vom Kornwestheimer Ingenieurbüro Haag auf ihre Qualität überprüft.
"So einfach es sich anhört, aus aufbereitetem Abbruchmaterial neuen Beton herzustellen, so wichtig ist es, dass der Baustoff, kurz RC-Beton genannt, entsprechende Qualitäten vorweist. Bei Abbrucharbeiten erfolgt erst einmal eine grobe Trennung der Materialien, danach muss nochmals feiner sortiert werden", erklärt Walter Feess. Er weiß, wovon er spricht. Mit seinem Unternehmen gehört er zu den Gründungsmitgliedern der Initiative Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e. V. (QRB), die 2004 auf Initiative des Umweltministeriums entstanden ist.
Feess betont: "Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, Ressourcen zu schonen und Botschafter von Qualitätsrecycling sein." Die H. Feess GmbH & Co KG aus Kirchheim unter Teck, ein Familienunternehmen mit rund 100 Mitarbeitern, verwertet bereits 80 Prozent der im Abbruch anfallenden mineralischen Materialien wieder. Aktuell fallen allein in Baden-Württemberg jährlich rund 30 Millionen Tonnen Bauschutt an.
"Dieses Volumen wird voraussichtlich weiter zunehmen, da künftig bevorzugt baufällige Gebäude abgerissen werden, um Baulücken zu nutzen, anstatt neue Flächen zu versiegeln. Recycling-Beton hat eine große Zukunft vor sich", ist sich Feess sicher. Bei einem weiteren Bauprojekt in der Region wird ein Bauträger den RC-Beton in einem ökologisch ausgerichteten Bauprojekt einsetzen. Schaut man über die Grenze in die Schweiz, so hat Recycling-Beton dort bereits einen guten Ruf. Vor allem in der Region Zürich wird er seit vielen Jahren erfolgreich im Hochbau eingesetzt.
Fakt ist, dass Baustoff-Recycling einen großen Beitrag zur Ressourcenschonung leistet und zur Einhaltung der EU-Klimaschutzziele beiträgt, weil natürliche Rohstoffe geschont und vollwertige Baustoffe durch die Wiederaufbereitung von Bauabfällen, Bauteilen und Abbruchmaterialien geschaffen werden. Auch durch erhöhte Entsorgungskosten für Bauschutt ist es mittlerweile wirtschaftlich geworden, Abbruchmaterial wieder zu verwenden.
Kurze Wege zur Baustelle sparen darüber hinaus lange Transporte – ein Plus für den Klimaschutz.
"Es wird aber trotz allem entscheidend sein, dass der RC-Beton wirtschaftlich hergestellt werden kann und das geht nur mit kurzen Wegen und einer gut organisierten Vorsortierung", sagt Professor Thomas Benz von der Stuttgarter Hochschule für Technik. Die Fakultät für Bauingenieurwesen betreut das Projekt von wissenschaftlicher Seite. "Wir untersuchen die Wirtschaftlichkeit, die Einsatz- und Verarbeitungsmöglichkeiten des Recycling-Betons", erklärt Benz.
www.uvm.baden-wuerttemberg.de
www.hft-stuttgart.de
www.feess.de