Handgeschnitzte bemalte Figuren aus Holz sind pädagogisch wertvoll. Der Eislinger Michael Engelberger bietet über 350 verschiedene Spielzeug- und Sammlerfiguren an, von denen er und seine fünf Mitarbeiter jährlich mehr als 35.000 Stück herstellen. Die hochwertigen Naturprodukte, für die ausschließlich heimische Holzarten verwendet werden, exportiert das kleine Unternehmen nicht nur in viele europäische Länder, sondern auch in die USA, nach Japan und Australien.
Während Spielsachen in früheren Zeiten meist wie Schätze gehütet wurden, besitzen die heutigen Kinder meist unübersehbare Mengen davon. Vieles davon verschwindet in Schränken und Schubladen, sobald der Reiz des Neuen verblasst ist. Holzspielzeug gerät allerdings selten aufs Abstellgleis. Denn all den Plastikspielwaren und Computerspielen zum Trotz scheint liebevoll gestaltetes Holzspielzeug noch immer unverzichtbar zu sein – nicht nur weil die „Klassiker“ pädagogisch versierten Eltern ein gutes Gewissen garantieren, nein, vor allem weil viele Kinder von selbst die Wertigkeit erkennen und schätzen.
Hölzerne Spielfiguren laden zum Rollenspiel ein, fördern soziale Kompetenzen, Fantasie und Kreativität. Nicht selten tragen sie dazu bei, dass belastende Situationen besser verarbeitet werden. Zu den bedeutendsten Herstellern von handgeschnitztem Holzspielzeug zählt die Eislinger Firma Engelberger, die seit über 30 Jahren aus heimischen Holzarten wie Ahorn oder Linde die unterschiedlichsten Spielfiguren ausschließlich in Deutschland herstellt. Amerikanische und japanische Kunden sind geradezu verrückt danach.
Besonders hoch im Kurs stehen Figuren aus Märchen wie „Schneewittchen“, „Froschkönig“ oder „Hänsel und Gretel“. Bei in- und ausländischen Sammlern gleichermaßen beliebt sind Bauernhof- und Waldtiere sowie Exoten wie Känguru, Giraffe oder Schwertwal. Ihr „Schöpfer“ Michael Engelberger kann sich vor Aufträgen nicht mehr retten: „Im vergangenen Jahr kamen wir mit dem Schnitzen, Schleifen und Bemalen der Figuren nicht mehr hinterher, ich musste meinen Urlaub stornieren, Familienfeste absagen und fast rund um die Uhr arbeiten.“
Flucht vor der Spielwarenmesse
„Die Rehe, mit denen alles anfing, kann ich heute noch aus dem Effeff“, sagt Michael Engelberger, der schon als Jugendlicher vor mehr als 50 Jahren Holzfiguren zu schnitzen begann. Aus dem Hobby wurde schnell eine Nebenerwerbstätigkeit, die bald in die Selbstständigkeit mündete. Im Jahr 2000 war er erstmals mit einem eigenen Ausstellungsstand auf der Nürnberger Spielwarenmesse vertreten. „Meine Familie hatte mich geradezu bedrängt, mich selbstständig zu machen und die Spielwarenmesse bestätigte, dass mir beim Schnitzen niemand etwas vormachen kann. Dass meine Figuren aber eine derartige Begeisterung auslösen würden, hat mich doch überrascht.“
Immer wieder bekam er zu hören: „Endlich jemand, der Figuren nicht nur aussägt, sondern ihnen eine richtige Form gibt.“ Amerikanische und japanische Händler überschütteten ihn mit Aufträgen, so dass Michael Engelberger Mühe hatte, mit der Produktion nachzukommen. Inzwischen verzichtet er auf die Spielwarenmesse: „Ich kann keine weiteren Aufträge annehmen, wir können jetzt schon nicht mehr alle Interessenten bedienen.“
Um die Herstellung der Märchenfiguren, Tiere, Bauernhöfe, Bäume, Krippen und Krippenfiguren kümmern sich heute fünf Mitarbeiter. Sie sägen, drechseln, schleifen, malen und lackieren nach Engelbergers Entwürfen. Am meisten Zeit nimmt der Schleifvorgang in Anspruch, denn nach wie vor werden alle Figuren frei Hand beschliffen. Jede Figur wird von Hand bemalt, viele zusätzlich mit der Airbrush-Pistole veredelt. Zum Einsatz kommen dezente Farben, damit die Maserung des Holzes nicht verdeckt wird; so wirken die Figuren besonders lebendig.
Das verwendete Holz stammt aus umwelt- und sozialverträglich bewirtschafteten heimischen Wäldern und wurde von der FSC Arbeitsgruppe Deutschland e.V., einer gemeinnützigen und unabhängigen Organisation zur Förderung verantwortungsvoller Landwirtschaft, ausgezeichnet. Im Übrigen sind alle verwendeten Farben und Versiegelungen reine Naturprodukte und entsprechen der internationalen Sicherheitsnorm EN 71. Auf diese Weise setzt Michael Engelberger der Dominanz standardisierter Plastikmännchen Einzelstücke mit individuellem Charakter entgegen.
Die Kunden bestimmen das Sortiment mit
Engelbergers Figuren-Sortiment umfasst zurzeit über 350 Artikel, jährlich kommen ein paar neue hinzu – auch solche, die nach Wünschen von Kunden entstehen. Andere Ideen kommen im Schlaf. „Wenn ich nachts mit einer neuen Idee aufwache, gehe ich in die Werkstatt, zeichne, säge und schleife die Figur zurecht“, sagt Michael Engelberger. „Am nächsten Morgen bekommen meine schärfsten Kritiker, meine Frau und mein Sohn, das Ergebnis präsentiert.“
Dafür, dass derart aufwändig hergestelltes Spielzeug nicht ganz billig ist, haben die Kunden volles Verständnis. Zwischen zwei Euro für eine kleine Holzmaus und achtzehn Euro für einen der heiligen drei Könige geben sie gerne aus. „Künstlerisch gestaltetes Spielzeug in guter Qualität aus natürlichen Materialien fördert den Sinn für Qualität und Schönheit“, ist Michael Engelbergers Credo. „Meine Figuren sollen Kinder dazu animieren, kreativ zu spielen und ihre Umwelt im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen.“
Pro Jahr verlassen mehr als 35.000 Figuren die Engelbergersche Werkstätte in Eislingen an der Fils. Vertrieben werden sie größtenteils über den Spielwarenhandel und über Fachgeschäfte für Kunsthandwerk. 60 Prozent des Umsatzes werden im Ausland erwirtschaftet, zu den wichtigsten Märkten zählen Japan und die USA sowie in Europa Frankreich, Finnland, Spanien, die Niederlande und die Schweiz.
Einen Wermutstropfen gibt es in Engelbergers Holzfigurenreich leider doch: Es gibt keinen Kronprinzen in der Firma. „Dabei beherrscht mein Sohn die Kunst des Holzschnitzens genauso gut wie ich – trotzdem ist er Arzt geworden“, so Michael Engelberger. „Aber ich glaube immer noch fest daran, dass irgendwo ein würdiger Nachfolger heranwächst.“ Schließlich wird das Märchenfigurenland früher oder später einen neuen fähigen Regenten brauchen.
Michael Engelberger Holzspielwaren:
Michael Engelberger (Geschäftsführer), Sommerweg 3, 73054 Eislingen, Tel. 07161-89141,
Fax 07161-89141, E-Mail info@engelberger.de www.engelberger.de